Margrit Gertschnig

Gedanken lassen uns bewusst werden, dass wir sind.
Sie sind frei vom ich, wenn wir uns nicht mit ihnen identifizieren und sie sind frei, wenn wir sie als Ausdruck der Gedanken, der Atmosphäre wahrnehmen.

Die Gedanken über die Vergangenheit und Zukunft erleben wir im Gehirn.
Es sind Gedanken der Erinnerungen, die meistens durch Assoziationen ausgelöst werden. Unser Gehirn denkt in der alten programmierten Sprache, kreist in alten Mustern und baut in den Gehirnleitbahnen keine neuen Erfahrungen auf.
 
Wenn wir aber neue Ideen, Gedanken erschaffen wollen, die nicht von der Vergangenheit und Zukunft gesteuert sind, müssen wir viel Zeit, Achtsamkeit  und Disziplin in der Gegenwart verbringen. Die Gegenwart finden wir in der Atmosphäre im Zwischenraum von dir zu mir. Wenn wir in diesen  Zwischenraum mit unseren Herzen hinein lauschen, begegnen wir einem neu erschaffenen Gedankengut, das Intuition genannt wird.  Aus dem Nichts tauchen intuitive Gedanken  als Form auf und machen uns bewusst, dass wir sind.

Wir lieben immer dann, wenn es uns nicht bewusst ist, dass wir Liebe empfinden und wenn keine äussere Gegebenheit dazu geführt hat. Wir können  Liebe mit unseren Gedanken nicht erfassen, noch festhalten, da dieser Zustand unabhängig von uns, unserer Persönlichkeit ist. Liebe ist ein natürlicher Zustand. Es hat für alle Menschen genug, denn es ist eine Ressource, die uns reichlich zur Verfügung steht. Wenn wir unser Bewusstsein mehr auf diesen natürlichen Zustand, diese Atmosphäre ausrichten, und nicht auf unsere Schwächen, wird das Leben spannender, leichter und friedlicher.

Liebe entsteht dann, wenn wir den Zustand in dem wir uns befinden begrüssen, diesem keinen Widerstand entgegensetzen, auch wenn wir Widerstand haben. Widerstand lässt unseren natürlichen Zustand von Liebe erstarren, unsere Gefühle werden blockiert, werden zu Eis und können nicht mehr fliessen. Wenn wir den Widerstand beobachten, ohne aktiv darauf zu reagieren, das heisst, wenn wir den Widerstand nicht in unsere Vergangenheit verpacken,  wird sich der Widerstand natürlicherweise von allein auflösen.

Wir können Liebe nicht machen, weil Liebe ein Zustand ist, der unabhängig von uns immer da ist. Doch haben wir eine Wahlmöglichkeit unsere Energie, unsere Aufmerksamkeit und Einsicht in diese Richtung zu lenken und das Leben wird ruhiger, herzlicher und erfüllter.

Wenn die Gedanken zur Ruhe kommen, schmelzen und mehr und mehr zu Energie werden, sind wir mit unserer Kraft verbunden, die uns vitalisiert. Diese Energie führt uns zum Ursprung, zur Sehnsucht, zum Mitgefühl und zur Menschlichkeit.

Was hilft uns Menschen so viel wie nur möglich in dieser Energie zu sein? Die Leidenschaft und Sehnsucht, es wirklich zu wollen.

Es ist die Sehnsucht, mit dem Wesentlichen verbunden zu sein, die uns  hilft, unsere Aufmerksamkeit in Richtung Frieden zu lenken  und es ist Sehnsucht, Leidenschaft und Mitgefühl, die uns helfen, wieder aufzustehen, einen Schritt zu machen, weiterzugehen, um wieder mit dem Wesentlichen, der Energie, dem Licht dem alles zu Grunde liegt, in Beziehung zu sein, immer und immer wieder.

Wenn wir davon ausgehen, dass alle Menschen, der Mikro- und Makrokosmos miteinander verbunden sind, Leben und Tod, Gedanken und Gefühle, Schwächen und Stärken, dann gibt es keine Identifikation, kein du und kein ich, sondern nur ein wir. Ursprünglich ist alles Energie, die von unserem Bewusstsein, je nach Zustand und Vergangenheit, individuell, persönlich beobachtet wird. Die Kunst besteht darin, unsere Gedanken und Gefühle wertfrei wahrzunehmen, zu beobachten, uns aber nicht mit ihnen zu identifizieren, um sie nicht zu manifestieren. So bleibt die Energie eine kraftvolle Urenergie, die durch Austausch mit einem Funken, mit Bewusstsein, mit Licht sich vermehrt,  sich transformiert  und uns unbegrenzt, wie ein Ozean zur Verfügung steht. Das ist der Kreislauf von der Formlosigkeit zur Bewusstwerdung, von Leben und Tod.

Zukunft und Vergangenheit leben von Bildern, Vorstellungen und Erinnerungen.
Wir wissen nie so genau, ob die Zukunft die Vergangenheit schafft oder die Vergangenheit die Zukunft.
Die Wirklichkeit aber liegt nur in der Gegenwart, im Moment,
ist winzig klein, friedlich und still. Alles und Nichts, frei und verbunden.